MWST-Pflicht einer ausländischen Unternehmung in der Schweiz

September

2024

Fleur Stenner

MWST-Pflicht einer ausländischen Unternehmung in der Schweiz

Wichtige Gesetzesänderung MWST Schweiz für ausländische Unternehmen. Sind Sie vorbereitet?

Unternehmen, die weniger entsprechenden Umsatz erzielen, sind von der Mehrwertsteuerpflicht befreit, wobei auf diese Befreiung gemäss Art. 11 MWSTG verzichtet werden kann (freiwillige Steuerpflicht). Der Verzicht auf die Befreiung von der Steuerpflicht kann frühestens auf den Beginn der laufenden Steuerperiode erklärt werden (Art. 14 Abs. 4 MWSTG). Hier besteht der Vorteil u.a. in der Möglichkeit den Vorsteuerabzug in der Schweiz geltend machen zu können.

Im Ausland ansässige Unternehmen bleiben ausserdem unabhängig von der Umsatzhöhe von der Steuerpflicht befreit, wenn sie im Inland ausschliesslich nach Art. 23 MWSTG von der Steuer befreite Leistungen und/oder der Bezugsteuer unterliegende Dienstleistungen erbringen, sofern es sich dabei nicht um elektronische Dienstleistungen oder Telekommunikationsleistungen an nicht steuerpflichtige Personen im Inland handelt (Art. 10 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 MWSTG).

Lässt ein Unternehmen eine ihm in Auftrag gegebene Leistung ganz oder teilweise durch Dritte oder Unterakkordanten erledigen, gilt es gegenüber seinem Kunden (Vertragspartner) nach wie vor als Leistungserbringer mit den entsprechenden steuerlichen Folgen betreffend Ort der Leistungserbringung und Steuerpflicht im Inland (vgl. MI 06, Ziff. 3.1).

Die Steuerpflicht beginnt bei ausländischen Unternehmen mit der erstmaligen Erbringung einer Leistung im Inland (Art. 14 Abs. 1 lit. b MWSTG), wenn zum Zeitpunkt der Aufnahme nach den Umständen anzunehmen ist, dass die massgebliche Umsatzgrenze erreicht wird (Art. 9a Abs. 1 MWSTV).

Somit wird die obligatorische Steuerpflicht mit der erstmaligen Erbringung einer Leistung im Inland ausgelöst, wenn der weltweite Jahresumsatz mehr als CHF 100‘000 beträgt. So ist beispielsweise für die Beurteilung, ob bereits ab dem 01.01.18 eine obligatorische Steuerpflicht besteht massgeblich, ob das ausländische Unternehmen im Jahr 2017 im Inland Leistungen erbracht hat und ob der steuerbare weltweite Jahresumsatz 100‘000 Franken oder mehr betragen hat (Art. 166a MWSTV). Ist dies der Fall, ist unaufgefordert eine Anmeldung als steuerpflichtige Person vorzunehmen.

Steuerbarkeit von Leistungen

Steuerbar sind die im Inland durch steuerpflichtige Personen gegen Entgelt erbrachten Leistungen, sofern das Gesetz keine Ausnahme vorsieht (Art. 18 Abs. 1 MWSTG). Daraus ergibt sich die Notwenigkeit der Ortsbestimmung einer Leistung. Hierfür muss vorab zwischen Lieferungen und Dienstleistungen unterschieden werden.

Eine Dienstleistung ist jede Leistung, die keine Lieferung ist (Art. 3 lit. e MWSTG). Sie gilt – unter Vorbehalt von Art. 8 Abs. 2 MWSTG – als dort erbracht, wo der Leistungsempfänger seinen Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit hat […] (Art. 8 Abs. 1 MWSTG, Empfängerortsprinzip).

Eine Lieferung, die nach Schweizer Recht insbesondere auch dann vorliegt, wenn ein Gegenstand abgeliefert wird, an welchem Arbeiten besorgt worden sind, selbst wenn der Gegenstand dadurch nicht verändert wurde (Art. 3 lit. d Ziff. 2 MWSTG), gilt als dort er-bracht, wo sich der Gegenstand im Zeitpunkt der Ablieferung befindet (Art. 7 Abs. 1 lit. a MWSTG). Dies umfasst z.B. Reparatur-, Inbetriebnahme-, Montage-, Service- und Wartungsarbeiten sowie auch Eichungen, Funktionskontrollen u.Ä.

Als Ort einer Lieferung gilt der Ort nach Art. 7 Abs. 1 MWSTG, an dem:

a) sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Verschaffung der Befähigung, über ihn wirtschaftlich zu verfügen, der Ablieferung oder der Überlassung zum Gebrauch oder zur Nutzung befindet;

b) die Beförderung oder Versendung des Gegenstandes zum Abnehmer oder zur Abnehmerin oder in dessen oder deren Auftrag zu einer Drittperson beginnt.

Das blosse Versenden von Maschinen aus Deutschland in die Schweiz, ohne diese im Anschluss beim Leistungsempfänger in der Schweiz zu montieren, installieren, warten oder reparieren, würde für das deutsche Unternehmen die Steuerpflicht in der Schweiz grundsätzlich nicht auslösen (Versandlieferung; vgl. Art. 7 Abs. 1 Bst. b MWSTG). Solche Lieferungen unterliegen der Einfuhrsteuer.

Massgebend für die Beurteilung, ob bspw. eine allfällige Montage, Installation, Inbetriebnahme, Wartung, Reparatur etc. zum Kauf der Maschine gehört, ist ausschliesslich der oder die (Kauf-)Verträge, die zwischen dem Leistungserbringer und dem Leistungsempfänger abgeschlossen wurden; es ist dabei nicht von Belang, ob diese Leistungen gesondert fakturiert werden.

Anpassung der Praxis ESTV seit Dezember 2018 in Bezug auf Werklieferungen

Der Ort der Lieferung befindet sich auch dann am Ort, an welchem die Beförderung oder die Versendung beginnt, wenn der zum Empfänger beförderte oder versandte Gegenstand beim Empfänger durch den Lieferanten oder durch einen vom Lieferanten beauftragten Dritten zusammengesetzt beziehungsweise montiert/installiert wird, sofern die Montage/Installation als Nebenleistung im Sinne von Artikel 19 Absatz 4 MWSTG ( MWST-Info Steuerobjekt) qualifiziert werden kann. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Montage/Installation separat in Rechnung gestellt wird oder nicht.

Die Montage / Installation gilt namentlich in den folgenden Fällen als Nebenleistung zur Beförderungs- / Versandlieferung:

• Verkauf eines Möbelstücks, welches durch den Verkäufer beim Käufer zusammengesetzt und aufgestellt, jedoch nicht individuell an die räumlichen Gegebenheiten angepasst wird;

• Verkauf einer betriebsfertig hergestellten Maschine, welche in fertig bearbeitete Einzelteile zerlegt oder bereits zusammengesetzt zum Empfänger befördert, bei diesem zusammengesetzt beziehungsweise lediglich an das Stromnetz angeschlossen und einem Probelauf unterzogen wird;

• Verkauf von Vorhängen samt Aufhängen in der Wohnung (ohne individuelle Anpassungen oder Montage der Vorhangschienen, Blenden o. Ä.).

Die Montage/Installation gilt namentlich in den folgenden Fällen nicht als Nebenleistung zur Beförderungs- / Versandlieferung:

• Vermietung eines Festzeltes oder eines Messestandes inkl. Aufbau ( Ziff. 8.3);

• Verkauf einer Maschine, welche beim Empfänger betriebsfertig gemacht und an die Gegebenheiten vor Ort individuell angepasst wird (z.B. Integration in eine bestehende Produktionsanlage);

• Verkauf eines Möbelstücks oder eines anderen Gegenstandes, welches/r durch den Verkäufer oder seinen Beauftragten beim Empfänger an die räumlichen Gegebenheiten individuell angepasst beziehungsweise fest eingebaut wird (z.B. Einbauschrank, Einbauküche, Vorhang samt Aufhängen in der Wohnung mit individuellen Anpassungen vor Ort);

• Verkauf einer Deckenlampe oder eines Beleuchtungssystems inkl. Montage/Installation;

• Installation von Software beim Kunden vor Ort (Bearbeitung der Festplatte o. Ä.).

Gilt die Montage / Installation nicht als Nebenleistung zur Beförderungs- / Versandlieferung, liegt wie bis anhin eine werkvertragliche Lieferung vor (Ziff. 3).

Wurde zwischen dem Leistungsempfänger und dem Leistungserbringer vertraglich vereinbart, dass die Maschine gekauft und im Anschluss durch den Leistungserbringer oder ihn beauftragte Personen montiert und gewartet wird, so ist die gesamte Leistung in der Schweiz steuerbar, selbst wenn dies in separaten Verträgen vereinbart wird, sofern das deutsche Unternehmen die weltweite Umsatzgrenze von CHF 100‘000 erreicht. Ist die Steuerpflicht aufgrund des Besagten gegeben, so hat sich das deutsche Unternehmen im Register der steuerpflichtigen Personen in der Schweiz eintragen zu lassen und die im Inland erbrachten Leistungen mit der ESTV abzurechnen.

Im Falle einer Übertragung dieser werkvertraglichen Leistungen an einen Dritten gilt nach wie vor der Vertragspartner als Leistungserbringer gegenüber dem Leistungsempfänger in der Schweiz. Erreicht die Drittperson die weltweite Umsatzgrenze von CHF 100 000 innerhalb eines Jahres, so hat auch sie sich ins Register der steuerpflichtigen Personen einzutragen, da sie mit einem solchen Auftrag, Maschinen in der Schweiz zu montieren und installieren, ebenso werkvertragliche Lieferungen im Inland erbringt.

Eine detaillierte Beurteilung, ob Ihre Leistungen in der Schweiz für die Anmeldung bei der MWST qualifizieren oder nicht, kann nur im Einzelfall individuell festgelegt werden. Gerne begleiten Sie unsere Fachspezialisten und Fachspezialistinnen hierbei und unterstützen Sie bei allen Fragen rund um das Thema Mehrwertsteuer.

Nehmen Sie hierzu Kontakt mit uns auf – gerne helfen wir Ihnen weiter.

Quellen:
MWSTG = Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer; SR 641.20
MWSTV = Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009; SR 641.201
MI 06 = MWST-Info 06: Ort der Leistungserbringung

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Disclaimer: Diese Publikation wird den Benutzern rein informativ zur Verfügung gestellt. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten hat man sich alleine auf die genannten Quellen, relevanten Gesetze und Publikationen zu beziehen. Das vorliegende Schreiben enthält eine stark zusammenfassende Beurteilung durch die Autoren. Für eine individuelle Abklärung der jeweiligen Sachverhalte nehmen Sie mit uns oder direkt mit den zuständigen Behörden Kontakt auf.

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Stand Mai 2021

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